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Burg und Schloss Allstedt
Blick auf Burg und Schloss (Museum Burg und Schloss Allstedt)

Burg und Schloss Allstedt

Steckbrief

  • eindrucksvolle Höhenburg zwischen Kyffhäuser und Harz
  • im 8. Jahrhundert gegründet
  • bedeutende ottonische Pfalz
  • landesfürstliche Burg und Jagdschloss
  • Torturm und Kernburg mit Kapelle von 1548, barocke Umbauten, Vorderschloss von 1746 / 47
  • Ort der Fürstenpredigt Thomas Müntzers
  • seit 1974 / 75 Müntzer-Gedenkstätte
  • Sammlungen zur Regionalgeschichte, höfischen Jagd und zum Eisenkunstguss
  • Ausstellungen zur Pfalz-, Burg- und Schlossgeschichte, zu Johann Wolfgang von Goethe in Allstedt und »1523 – Thomas Müntzer. Ein Knecht Gottes«

Dauerausstellung

1523 – Thomas Müntzer. Ein Knecht Gottes

www.schloss-allstedt.de

1523 – Thomas Müntzer

Ein Knecht Gottes

Die Allstedter Pfalz gehörte zu den häufig aufgesuchten Orten der römisch-deutschen Könige und Kaiser im 10. und 11. Jahrhundert. Später gelangte sie an die Landgrafen von Thüringen, die Grafen von Mansfeld, die Herren von Querfurt und 1496 an Kurfürst Friedrich von Sachsen.

Als Jagdschloss und Witwensitz verschiedener sächsischer Herzöge diente Allstedt vom 17. bis zum 20. Jahrhundert. Auch weilte Johann Wolfgang von Goethe mehrfach hier und verfasste vor Ort auch Teile des Dramas »Iphigenie auf Tauris«. Eine wesentliche Rolle in der Geschichte Allstedts spielt jedoch der Prediger, Mystiker und Sozialrevolutionär Thomas Müntzer.

Ohne Gesicht

Vor den Toren Mühlhausens und im Angesicht der Fürsten wurde Thomas Müntzer am 27. Mai 1525 hingerichtet. Über Generationen galt er als Ketzer und Aufrührer. Erst im 19. Jahrhundert entdeckte man die sozialrevolutionären Aspekte seiner Theologie. Für die DDR wurde der Revolutionär und Bauernführer Müntzer identitätsstiftend. Sein Name ist zwar vielen bekannt, doch uns fehlt sein Gesicht. Denn ein glaubhaftes Porträt ist nicht überliefert. Erst 1608 schuf ein niederländischer Grafiker ein Bild. Doch wie sah Müntzer tatsächlich aus?

Ein Prediger des Volkes

Als der 33 Jahre alte Müntzer 1523 Pfarrer an der Stadtpfarrkirche St. Johannis zu Allstedt wurde, begann er sofort, seine Vorstellungen einer »wahrhaft« christlichen Gemeinde umzusetzen – und reformierte den Gottesdienst: Als erster Reformator überhaupt hielt er einen Gottesdienst komplett in deutscher Sprache.

Ein Prediger vor den Fürsten

Hier in Allstedt versuchte Müntzer, die sächsische Kurfürstenfamilie als Bündnispartner zu gewinnen. Vor Herzog Johann und dessen Sohn Johann Friedrich hielt er am 13. Juli 1524 in der noch heute erhaltenen Hofstube eine Predigt, die in die deutsche Geschichte eingegangen ist – die »Fürstenpredigt«. Müntzer forderte den Einsatz der christlichen Fürsten gegen die »Gottlosen«. Würden diese sich weigern, verlören sie ihre Macht an das christliche Volk.

Doch auch andere Reformatoren kämpften um die Gunst der einflussreichen Reichsfürsten. Martin Luther warnte sie vor dem »aufrührerischen Geist«, dem »Satan« zu Allstedt. Das wirkte: Nach einem Verhör im Schloss zu Weimar zerbrach der Allstedter Bund und Müntzer floh nachts aus der Stadt.


Thomas Müntzer ohne Gesicht
Ansicht Allstedts um 1700 (Museum Burg und Schloss Allstedt)
Die Ruine der Wigbertikirche mit dem sog. »Müntzerturm« (Museum Burg und Schloss Allstedt)
Torturm von Burg und Schloss Allstedt mit den markanten Giebeln aus der Renaissance (Andreas Vogel, wikicommons, CC BY-SA 3.0)
Die spätmittelalterliche Burgküche (Museum Burg und Schloss Allstedt)

Wirkung und Erinnerung

Erst Jahrzehnte nach seinem Tod schaffte man die Müntzerische Liturgie in Allstedt ab. Fortan wurde Müntzer totgeschwiegen oder als Bösewicht markiert. Um 1700 widmete sich Gottfried Arnold, Prediger am Allstedter Witwenhof, dem Wirken Müntzers. Denn in Allstedt war der Reformator nie vergessen!

Er findet sich auf den Motiven für das Notgeld 1921 wieder, anlässlich der 1000-Jahr-Feier Allstedts wurde 1935 ein Schauspiel aufgeführt und ab 1953 gab es die Müntzer-Festspiele. Im selben Jahr wurde im Turm der ruinösen Wigbertikirche eine erste Gedenkstätte eingerichtet.

Zum 450-jährigen Bauernkriegsgedenken eröffnete 1975 im Schloss die Thomas-Müntzer-Gedenkstätte. Eine komplette Neugestaltung erfuhr die Ausstellung 1989, kurz vor dem Ende der DDR. Teile dieser Präsentation können Sie als Zeitzeugnis der Geschichtsaneignung in der neuen Dauerausstellung »1523 – Thomas Müntzer. Ein Knecht Gottes« im Schloss Allstedt besichtigen. Burg und Schloss Allstedt sind mit der Vorstellung des Reformators Thomas Müntzer an authentischer Stätte ein reformationsgeschichtlicher Ort von überregionaler Bedeutung!

Entdeckungen & Spuren
Allstedter Thomas-Müntzer-Weg

Seit November 2015 lädt Sie der Thomas-Müntzer-Weg ein, die Allstedter Wirkungsorte des Reformators zu erlaufen. Hier können Sie im »Brennglas Allstedt« das komplexe Reformationsgeschehen um den umstrittenen Theologen nacherleben – auf Wunsch auch mit Führung.

Stationen

  1. Burg und Schloss Allstedt Am 13. Juli 1524 hielt Müntzer hier in der noch vorhandenen Hofstube die berühmte »Fürstenpredigt«. Vom Schloss haben Sie einen prächtigen Blick in die Vorharzlandschaft mit der Goldenen Aue und dem Kyffhäusergebirge. Verlassen Sie den Burgberg und begeben sich hinab in die Stadt – dort erwarten Sie die weiteren Stationen.
  2. Kirche St. Wigberti Der Turm und die Außenmauern wurden um 1200 errichtet, der Chor stammt aus dem späten 15. Jahrhundert. Der lokalen Legende zufolge diente der Turm der Wigbertikirche dem Reformator als Wohnung. Daher wird er auch heute noch im Volksmund »Müntzerturm« genannt. Hier entstand 1953 auch die erste Thomas-Müntzer-Gedenkstätte.
  3. Altes Rathaus Das Selbstbewusstsein des Bürgertums drückt sich durch das spätgotische Rathaus mit seinem Portal von 1472 aus. Nach einer Predigt über den biblischen Bundesschluss schlossen Müntzers Anhänger am 24. Juli 1524 im Ratskeller ein Schutz- und Trutzbündnis. Sie waren bereit, die durch Müntzer angeführte »auserwählte« Gemeinde vor dem »Wüten der Tyrannen« zu schützen.
  4. Kirche St. Johannis Hinter dem Rathaus liegt der Kirchplatz mit der Stadtpfarrkirche St. Johannis. Hier war Thomas Müntzer von 1523 bis 1524 Pfarrer und hielt – als erster Reformator überhaupt – einen komplett deutschsprachigen Gottesdienst. An diesem Ort führte er auch weitere Gottesdienstordnungen für den Alltag sowie die Sonn- und Feiertage für seine Pfarre ein. 1765 wurde die Kirche durch einen beeindruckenden Rokokobau ersetzt.

Entdeckungen

Doch nicht nur Thomas Müntzer finden Sie in Allstedt. Auch das Schloss selbst ist eine Reise wert: Die Stuckdecken und die Schlosskapelle sind beispielhaft für den mitteldeutschen Barock. Bestaunen Sie die einzigartige spätgotische Burgküche, die über einen der größten Kaminschlote im europäischen Burgenbau verfügt.

Entdecken Sie außerdem die qualitätvolle Eisenkunstgusssammlung, die Kunstfertigkeit und technisches Know-how aus der Eisenhütte Mägdesprung zeigt.


Das Innere der Schlosskapelle (Museum Burg und Schloss Allstedt)
 

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